Spagat

Etwas erkältet war ich, aber die Sonne schien, so dass mich nichts mehr im Haus hielt, das Meer wartete.

Die Atmosphäre am Strand war wieder einmal einzigartig. Wie so oft betörten mich der Wind, das Spielen der Wellen und der Geruch von Tang und Meer mit ihrem Charme.

Ich wanderte in Gedanken versunken an dem Flutsaum entlang. Ab und zu kamen mir auch andere Strandbesucher entgegen und irgendwann fiel mir auf, dass mir die Wanderer mit hochgekrempelten Hosen und mit den Schuhen in der Hand entgegen kamen, das machte mich stutzig.

So sprach ich dann den nächsten an, ob es vielleicht Schwierigkeiten gäbe, bis nach Travemünde durchzukommen.

Es hatte auf der Strecke einen ziemlichen Erdrutsch gegeben, so dass man nur durch das Wasser weiter kam.

Ich dachte an meine Erkältung und an meinen Ischias, der sich auch gemeldet hatte, und entschied, die Böschung hinaufzusteigen, um dann ober weiter zu wandern.
Es gab auf meinem Weg nach Travemünde eine Stelle, an der ich es schon einmal erfolgreich versucht hatte.
Bald hatte ich den Punkt erreicht und machte mich an den Aufstieg. Leider hatte es die letzten Tage stark geregnet und das Erdreich, das vorwiegend aus Lehm besteht, war aufgeweicht und glitschig. Die ersten Meter bemerkte ich es nicht sehr, weil sie noch bewachsen waren. Mich trennten nur noch drei Meter vom sicheren Boden oben auf der Steilküste, als ich feststeckte. Vor mir war der Weg abgesackt und der Höhenunterschied zur nächsten Stufe war einfach zu hoch für mich. Ich sah auch abgerutschte Fußspuren von Vorgängern und abgerissene Äste. Einen Schritt versuchte ich noch auf eine kleine Erhebung zu, aber mein Fuß glitt ab, fand keinen Halt, ich fing mich zwar wieder auf, aber nun stand ich im Spagat dort und sah erst einmal keine Möglichkeit, einen Schritt weiterzumachen, ohne richtig abzugleiten, und das dann mehrere Meter in die Tiefe. Das war vielleicht ein gemeines Gefühl. Über mir lag ein entwurzelter Baum und ich entschloss, mich nach vorn fallen zu lassen, um ihn zu greifen. Es gelang mir und dann zog ich mich mit der Kraft meiner Arme hoch, unterstützt von strampelnden Bewegungen meiner Füße. Muss ein tolles Bild gewesen sein. Mit weichen, zittrigen Knien setzte ich mich erst einmal auf eine Bank. ich hatte einige Tage später noch kräftigen Muskelkater in den Armen. Ich habe ich mir geschworen, dass ich nächstes Mal lieber durch das Wasser wate.
Auf diesem Foto ist schon wieder alles abgetrocknet.

Geschichten vom Alltag
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